Die Reaktionen darauf sind gemischt:
„Das betrifft mich doch nicht.“
„So schlimm wird es schon nicht.“
„Ich warte erst mal ab.“
Doch genau diese Einstellung kann teuer werden. Denn: Die ersten Abmahnungen sind längst Realität.
In diesem Artikel erfährst du,
- was hinter dem Gesetz steckt,
- wer konkret betroffen ist,
- welche Anforderungen erfüllt werden müssen,
- welche Risiken bei Ignoranz drohen –
und warum Barrierefreiheit am Ende mehr Chance als Pflicht ist.
Was ist das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)?
Das BFSG ist die deutsche Umsetzung des European Accessibility Act (EAA). Die Idee: Digitale Produkte und Dienstleistungen sollen für alle Menschen nutzbar sein – unabhängig von Einschränkungen.
Denn Barrierefreiheit im Web bedeutet nicht nur, dass eine Website für blinde oder sehbehinderte Menschen funktioniert. Es geht auch um:
- Menschen mit motorischen Einschränkungen, die die Maus nicht bedienen können
- Nutzer mit Hörbeeinträchtigungen, die Videos ohne Untertitel nicht verstehen
- ältere Menschen, die einfache Strukturen und klare Kontraste brauchen
- Menschen mit kognitiven Einschränkungen, die auf verständliche Sprache angewiesen sind
Kurz: Barrierefreiheit sorgt dafür, dass niemand ausgeschlossen wird.
Wer ist vom BFSG betroffen?
Das Gesetz richtet sich an Anbieter, die Produkte oder Dienstleistungen für Verbraucher (B2C) bereitstellen.
Dazu gehören:
- Onlineshops
- Buchungssysteme (z. B. Tickets, Reisen, Termine)
- Apps & digitale Services
- Telekommunikations- und Messenger-Dienste
- Banking & Finanzdienstleister
Ausnahmen:
- Kleinstunternehmen mit weniger als 10 Beschäftigten oder unter 2 Mio. € Umsatz/Bilanzsumme, wenn sie nur Dienstleistungen anbieten
- Reine B2B-Websites, die nicht für Endkunden gedacht sind
Doch Vorsicht: Viele Unternehmen glauben, sie seien „zu klein, um betroffen zu sein“. Aber in der Praxis fallen die meisten Online-Shops, Händler und Dienstleister sehr wohl unter das Gesetz.
Was genau wird verlangt?
Das Gesetz verweist auf internationale Standards:
- WCAG 2.1 Level AA (Web Content Accessibility Guidelines)
- EN 301 549 als europäische Norm
Konkret bedeutet das für deine Website:
Texte und Bilder müssen verständlich und zugänglich sein (Alt-Texte, klare Sprache, Kontraste)
Navigation und Formulare müssen per Tastatur bedienbar sein
Videos benötigen Untertitel oder Transkripte
Strukturierter Quellcode für Screenreader und Assistenzsoftware
Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Website, inkl. Kontaktmöglichkeit, um Barrieren zu melden
Es reicht also nicht, „irgendwas umzusetzen“ – die Anforderungen sind klar definiert.
Übergangsfristen: Wer hat wie lange Zeit?
- Neue Websites (ab 28.06.2025 erstellt): sofort barrierefrei umsetzen
- Bestehende Websites (vor 28.06.2025 online): Übergangsfrist bis 28. Juni 2030
- Selbstbedienungsterminals (z. B. Geldautomaten): Übergangsfristen von bis zu 15 Jahren
Doch Achtung: Die Abmahngefahr gilt sofort. Nur weil du technisch bis 2030 Zeit hast, heißt das nicht, dass Abmahner warten.
Erste Abmahnungen: Schon wenige Wochen nach Start
Die Praxis zeigt: Das Thema ist keine Zukunftsmusik, sondern Realität.
- Bereits im August 2025 wurden die ersten Abmahnungen gegen Online-Shops verschickt.
- Absender: meist Kanzleien, die im Auftrag dubioser Wettbewerber handeln.
- Vorgehen: Vorwurf der fehlenden Barrierefreiheit, verbunden mit einem „Vergleichsangebot“ – ca. 595 € sofort zahlen, und die Sache sei erledigt.
Rechtsanwälte bewerten viele dieser Abmahnungen als zweifelhaft. Aber: Schon das Schreiben im Briefkasten reicht, um Panik und Ärger auszulösen.
Fazit: Wer glaubt, das Thema aussitzen zu können, riskiert echte Kosten und unnötigen Stress.
Warum Barrierefreiheit mehr als nur Pflicht ist
1. Sicherheit & Rechtsschutz
Ohne Barrierefreiheit riskierst du Abmahnungen, Bußgelder und Imageschäden.
2. SEO & Reichweite
Barrierefreie Websites sind oft auch technisch sauberer – und das lieben Suchmaschinen.
3. Bessere Nutzererfahrung
Strukturierte Inhalte, klare Buttons, einfache Navigation – davon profitieren alle Nutzer, nicht nur Menschen mit Einschränkungen.
4. Image & Verantwortung
Unternehmen, die Barrierefreiheit ernst nehmen, zeigen: „Wir kümmern uns um alle Kunden.“ Das schafft Vertrauen.
Was du jetzt tun solltest
Schritt 1: Website-Check
Nutze Tools wie Google Lighthouse, WAVE oder beauftrage Profis für ein Accessibility-Audit.
Schritt 2: Quick Wins umsetzen
Alt-Texte, Farbkontraste, Formularbeschriftungen – das sind Basics, die sofort helfen.
Schritt 3: Langfristige Strategie entwickeln
Barrierefreiheit ist kein Projekt, sondern ein Prozess. Plane regelmäßige Prüfungen und Updates.
Schritt 4: Barrierefreiheits-Erklärung erstellen
Zeig transparent, wo du stehst, und biete Nutzern einen Kontakt für Feedback.
Emotionale Realität: „Ich warte erst mal ab…“
Viele Unternehmer sind genervt:
„Noch ein Gesetz. Noch mehr Bürokratie. Ich hab dafür keine Zeit.“
Doch stell dir vor: Du öffnest dein E-Mail-Postfach – und da liegt eine Abmahnung. 595 € sofort fällig. Keine Zeit, keine Nerven – nur Ärger.
So schnell kann es gehen. Und genau deshalb solltest du jetzt handeln, statt zu reagieren.
Fazit: Abwarten ist keine Option
Seit dem 28. Juni 2025 gilt: Barrierefreiheit ist Pflicht.
Die Abmahnungen zeigen: Das Thema ist ernst – und betrifft mehr Unternehmen, als viele denken.
Die gute Nachricht: Barrierefreiheit ist kein Feind, sondern ein echter Gewinn für Sichtbarkeit, Reichweite und Kundenbindung.
Also: Nutze die Chance, statt ins Risiko zu laufen.
Du bist unsicher, ob deine Website barrierefrei ist?
Wir prüfen deine Seite, erstellen eine klare To-do-Liste und begleiten dich bei der Umsetzung.
Hier kannst du uns kostenlos Anfragen.
So bleibst du auf der sicheren Seite – rechtlich und wirtschaftlich.